Eine kurze Geschichte über die Anfänge des Tauchens

Einen Pionier des Tauchens möchte man ihn nennen, Kamillo Weiß, ein Gründungsmitglied der TSGW. Auch wenn Kamillo kein Jacques-Yves Cousteau ist, so haben mich seine Geschichten über die Anfänge des Tauchens auf der Saufete sehr fasziniert!
Wenn ich unter Wasser fotografiere, ist klar, dass ich mein Gehäuse kaufe, die Blitzlichter und Lampen bis 60m wasserdicht sind und ich den Weißabgleich und das Rauschen erst in der RAW-Bearbeitung ausgleichen muss.
In den Anfängen des Tauchens war das anders, erzählt Kamillo, so erzählte er kurzweilig davon, wie sie ihre Gehäuse selber angefertigt haben und welche Abenteuer sie dabei erlebten. 

Stefan

Zurück zu mir selbst

Von Kamillo Weiß

Welch ein phantastisches völlig freies und unbeschwertes Gefühl im dreidimensionalen Raum.
Tauchen im langsam gleitenden genussvollen Delphinschlag mit der Monoflosse.
Sudan, Shaab Rumi – entlang der Riffkante in 20 m Tiefe.
Ich drehe mich langsam um meine Längsachse – 360° Panoramablick.
Das steile abfallende Korallenriff, die Sonne, Fischschwärme, Tunfische im tiefblauen Freiwasser.
Völlig entspannt, ganz alleine und völlig losgelöst im dreidimensionalen Raum.
Ich schließe die Augen.
Mit all meinen Sinnen am ganzen Körper und der Haut spüre ich jede meiner Bewegungen.
Sanfte Strömung umschmeichelt mich mit minimal spürbaren Temperaturunterschieden.
Ich höre das „tock tock“ der Anemonenfische.
Ein Schwarm Glasfische am Korallenüberhang summt wie ein Bienenstock.
Dazu unbekannte knisternde Geräusche.
Ich halte inne, atme ein wenig aus, und spüre, wie ich langsam tiefer sinke.
Wieder ein wenig Luft und ich Schwebe still im Wasser – die Haut ist mein Bewegungssensor.
Einfachstes Tarieren ohne jede beengende oder behindernde Tauchausrüstung.
Ich öffne wieder die Augen.
Gott sei Dank, dass ich emotional noch vieles wie in den taucherischen Anfängen erleben kann.
Kein Jacket, kein Anzug, kein Bleigurt, keine Signalboje, keine Lampe, keine Kamera mit Blitzgerät.
Nur Flosse, Maske, Deko, einfachste Rucksackbänderung, 1 l Flasche und kleiner Automat.
Tauchen und dabei mit allen Sinnen in den Körper und Umgebung hineinhorchen.
In fast meditativem Zustand die Unterwasserwelt erleben.
Völlig freies intensives Tauchgefühl, fast wie beim Apnoetauchen.
Eine wunderbare Mischung von beiden Erlebniswelten.
Ich bin emotional auf Wolke sieben – einfach großartig, phantastisch.

Zurück auf der Royal Evolution, voller Glücksgefühle, runter in die Kabine.
Emotional beeindruckt erzähle ich meinem Zimmerpartner von dem wunderschönen Tauchgang mit minimaler Tauchausrüstung.
Entrüsteter Gesichtsausdruck, massive Bemerkung: was soll das ???
Er, Monitor III hat seine kleine Tauchgruppe voll im Griff.
Verhalten, Ausrüstung, Sicherheitsregeln, Theorie werden da unter seiner Aufsicht strikt eingehalten.
Mit anfangs verständnislosem Gesichtsausdruck hört er mir „Spinner“ zu.
Ich argumentiere mit dem wunderbaren Tauchgefühl und vielen weiteren Gründen.
Wenn ich konditionell und mental im Apnoetauchen fit bin, dann sehe ich in dieser Tauchweise kein Risiko. Ich erlebe aber das Tauchen in einer sehr intensiveren Weise mit allen meinen Sinnen.
Mit der Möglichkeit aus der kleinen Tauchflasche zu atmen, ist das teilweise besser als Apnoetauchen.
Nach einer Weile wiegt der Zimmerkollege den Kopf, mit nachdenklichem Gesichtsausdruck, und meint: „Von der Seite aus habe ich das eigentlich noch nie betrachtet, und als mögliche erlebnisreiche Tauchvariante gesehen“. Sein leichtes Schmunzeln ist vielsagende Antwort.

Auslöser für dieses wunderbare Erlebnis war eine kleine Schnorcheltour ein paar Stunden zuvor. Über 33 Jahre sind seit meiner ersten Sudan Tauchreise vergangen, als ich mit Hischam – einem der beiden Tauchlehrer auf der Royal Evolution – eine kleine Apnoetour unternehme. Er ist auch von dem Apnoe-Tauchvirus infiziert. Wir kommen anschließend im Gespräch auf das wunderbare Thema Tauchen mit minimalster Ausrüstung oder gar das Huckepack-Tauchen. Erfreut, dass es noch Taucher gibt die ähnlich empfinden, kramt er mir gleich das minimale Backpack für die 2 l Flasche aus seiner Kiste. Beim nächsten Tauchgang blicke ich in die sehr erstaunten Gesichtern unserer Bootsgruppe, die mein Treiben beobachtet hatten. In unterschiedlichen Kommentaren, Meinungen und Empfindungen spiegelte sich die ganze Vielfalt taucherischer Anschauungen.

Bild: Der Autor mit Monoflosse beim Durchtauchen des Geräteschuppens von Precontinent III am Shab Roumi, Sudan.